Die Anatomie des Ohres
Das Wichtigste in Kürze...
Das Ohr besteht aus drei Hauptbereichen: dem Aussenohr, dem Mittelohr und dem Innenohr.
Die Anatomie des Ohres
Cochlea, oder Schnecke, heisst der eigentliche Hörapparat. Die Cochlea befindet sich gut geschützt im Innenohr und enthält das Cortische Organ mit seinen rund 20'000 Haarzellen.
Querschnitt durch die Cochlea
Bei der Umwandlung der Schallwellen in Nervenimpulse hatte die Natur ein "technisches" Problem zu lösen: Es mussten kontinuierliche Wellen in einzelne Impulse umgewandelt werden.
Die Umwandlung der Schallwellen im Cortischen Organ
Überschreitet die Schallenergie einen gewissen Wert, so kommt es zur Kontraktion der Mittelohrmuskeln, wodurch das Trommelfell stärker gespannt wird (sog. Stapedien-Reflex). Bei einem Knall reicht die Zeit allerdings nicht, die Muskeln zusammenzuziehen und das Gehör bleibt ungeschützt!
Wie sich das Ohr selbst vor zu lauten Schallereignissen schützt
Bis sich aus einer Schallwelle die Information als Wort entnehmen lässt, werden verschiedene Stationen im Gehör und schliesslich im Gehirn durchlaufen.
Vom Schall zum Wort
Die Anatomie des Ohres
Quelle: "Grundlagen Lärm und Lärmschwerhörigkeit", Th. Steffen, Uni-HNO-Klinik Regensburg |
Schematische Darstellung der Bestandteile des Ohres. Fahre mit der Maus über den entsprechenden Buchstaben, um detaillierte Informationen zu erhalten. |
Querschnitt durch die Cochlea
Quelle: "Grundlagen Lärm und Lärmschwerhörigkeit", Th. Steffen, Uni-HNO-Klinik Regensburg |
Details zur Hörschnecke. Die Hörschnecke wird in der Fachsprache "Cochlea" genannt. |
Die Umwandlung der Schallwellen im Cortischen Organ
Bei der Umsetzung von Schallwellen in Nervenimpulse hatte die Natur ein kleines "technisches" Problem zu lösen:
- Schall ist im alltäglichen Leben etwas kontinuierliches. Lautstärke und Tonhöhe können sich stufenlos ändern.
- Nervenimpulse funktionieren ähnlich wie Computer: Entweder es gibt einen Impuls, oder es gibt keinen.
Es müssen also kontinuierliche Wellen in einzelne Impulse umgewandelt werden. Die Lösung:
- Die eintreffenden Schallwellen werden nach Tonhöhe aufgegliedert, jede Haarzelle ist für eine bestimmte Tonhöhe zuständig.
- Wenn es lauter wird, sendet die betreffende Haarzelle einfach mehr Impulse pro Sekunde mit einer Geschwindigkeit von ca. 1 m/s bis 100 m/s ans Gehirn.
- Im Gehirn werden die einzelnen Impulse der 16'000 bis 20'000 Haarzellen des Cortischen Organs wieder zu einer kontinuierlichen Hörwahrnehmung zusammengesetzt.
Quelle: "Mikroskopische Anatomie der Organe", H. J. Wagner, Anatomisches Institut, Uni Tübingen |
Schematische Darstellung und elektronenmikroskopische Aufnahmen des Cortischen Organs resp. der inneren und äusseren Haarzellen. Die Haarzellen sind äusserst sensible und verletzliche Strukturen, die durch Überstrapazierung schwer geschädigt werden können. Die meisten Fälle von Schwerhörigkeit sind auf eine Schädigung der Haarzellen durch zu laute und zu lange Lärm-Einwirkung auf das Ohr zurückzuführen. |
Wie sich das Ohr selbst vor zu lauten Schallereignissen schützt
Überschreitet die aus der Umwelt übertragene Schallenergie einen gewissen Wert, so kommt es zur Kontraktion der Mittelohrmuskeln, wodurch das Trommelfell stärker gespannt wird (sog. Stapedien-Reflex). In Folge wird die Reflexion der Schallwellen am Trommelfell erhöht und die Steigbügelauslenkung eingeschränkt. Durch die verminderte Steigbügelauslenkung und den vermehrt reflektierten Anteil der eintreffenden Schallwellen sind die im Innenohr liegenden Sinneszellen vor einer Beschädigung durch zu hohe Schalldruck-Amplituden geschützt.
Beide Muskeln benötigen allerdings eine gewisse Ansprechzeit (Latenzzeit), bis sie kontrahieren. Diese Zeit ist von der Schallintensität abhängig und beträgt ca. 35 ms bei hohen und bis zu 150 ms bei niedrigen Schallpegeln. Die Mittelohrmuskeln erfüllen aus diesem Grund nur einen unzureichenden Schutz des Innenohres vor plötzlich auftretenden lauten Schallereignissen, z.B. Knallen. Schon ein einziges plötzlich auftretendes Schallereignis genügend hoher Lautstärke kann zur irreparablen Schädigung der Sinneszellen im Innenohr führen.
In diesem Zusammenhang spricht man von einem Schall- oder Knalltrauma. Solche Schalle entstehen z.B. beim Zünden eines Feuerwerkskörpers oder bei einem Gewehrschuss.
Vom Schall zum Wort
Animation der Schallumwandlung in Nervenimpulse. |
Eine Schallwelle lässt das Trommelfell schwingen
Ein Geräusch, ein Ton oder ein Laut ist eine Schwingung in der Luft, eine Schallwelle. Die akustische Wahrnehmung in Form von Schallwellen führt zunächst über die äussere Ohrmuschel in den Gehörgang. Die Schallwellen treffen am Ende des Gehörgangs auf das Trommelfell. Das Trommelfell wird durch die eintreffenden Wellen in Schwingung versetzt.
Schallwellen werden zu "Klopfzeichen"
Weil der Hammer mit dem Trommelfell verwachsen ist, schwingt er mit und "schlägt" auf dem Amboss. Dieser gibt die entstandene mechanische Schwingung an den Steigbügel weiter. Der Steigbügel "klopft" an das ovale Fenster. Über das ovale Fenster, eine durch eine feine Membran verschlossene Öffnung im Felsenbein, gelangt die Schwingung schliesslich in die Schnecke. Auf dem Weg durch die Gehörknöchelchenkette wird sie dabei etwa um den Faktor 20 verstärkt.
Eine Flüssigkeit wird bewegt
Die Gehörschnecke ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die nicht zusammengedrückt werden kann. Durch diese Eigenschaft ist sie ein ideales Übertragungsmedium. In dieser Flüssigkeit erzeugen die übertragenen "Klopfzeichen" des Steigbügels Wellen. Vergleichbar ist das mit den Wellen, die ein in einen See geworfener Stein erzeugt. Ein tiefer Ton (der physikalisch durch wenige Schwingungen pro Sekunde charakterisiert ist) legt in dieser Flüssigkeit eine längere Strecke zurück als ein hoher Ton, mit vielen Schwingungen pro Sekunde. Die Anzahl solcher Schwingungen werden mit der physikalischen Einheit Hertz (kurz: Hz = Schwingungen pro Sekunde) beschrieben.
Laufstrecke und Geschwindigkeit einer Welle werden im Gehirn verarbeitet
Ein hoher Ton bewegt sich aber schneller in der Flüssigkeit der Gehörschnecke fort als ein tiefer Ton. Dies bedeutet: Ein hoher Ton legt im Vergleich zu einem tiefen Ton eine kürzere Strecke zurück. Er tut dies aber mit einer höheren Geschwindigkeit als ein tiefer Ton. Die Laufstrecke einer Schwingung in der Flüssigkeit der Schnecke wird mit Hilfe von Sinneszellen, den so genannten Hör- oder Haarzellen, erfasst und über den Gehörnerv an das Gehirn übermittelt. Das Gehirn kann nun aus den Informationen "Geschwindigkeit" und "Laufstrecke" der Welle berechnen, welche Art von Ton oder Geräusch von den Ohren erfasst wurde und "spielt" die akustische Wahrnehmung nun im Kopf ab. Hier hören wir schliesslich die Töne, Laute und Geräusche unserer Umwelt.