Schiessen
Das Wichtigste in Kürze...
Aufgrund der zunehmenden Siedlungsdichte rücken Schiessplätze und Wohngebiet immer näher zusammen. Dies führt zu einer erhöhten Lärmbelastung durch Schiesslärm.
Schiesslärm – Ein aufkommendes Problem
Jeder Schuss löst zwei Lärmereignisse aus. Zum einen den Mündungsknall und zum anderen den Geschossknall.
Zwei verschiedene Arten von Schiesslärm
Die Lärmschutzverordnung bildet die Grundlage für die objektive Beurteilung von Schiessanlagen. Hierbei wird zwischen militärischen und zivilen Anlagen unterschieden.
Die Lärmschutzverordnung als gesetzliche Grundlage
Durch Sanierungsmassnahmen kann die Lärmbelastung stark gesenkt werden.
Sanierungen als vielversprechende Perspektive
Schiesslärm – Ein aufkommendes Problem
Der akustische Störungsbereich einer Schiessanlage kann je nach Wetter und Gelände mehrere Kilometer ab dem Schützenhaus betragen. Daher befinden sich die Anlagen normalerweise ausserhalb der Gemeinde, um die Lärmbelastung des Wohngebiets möglichst gering zu halten und um ausreichend Platz für die Schussbahnen zu haben. Durch die zunehmende Siedlungsdichte sind die Bauzonen für Wohngebäude jedoch immer näher an die einst abgelegenen Schiessstände gerückt. Dies in Kombination mit dem neuen, flächendeckenden Berechnungsverfahren sonARMS (Stand der Technik, Anhang 2 LSV) führen dazu, dass bei bestehenden, bereits sanierten Schiessanlagen Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden.
Zwei verschiedene Arten von Schiesslärm
Beim Abfeuern eines Schusses entstehen zwei unterschiedliche Lärmereignisse. Es sind dies der Mündungs- und der Geschossknall. Beim Mündungsknall handelt es sich um den tieffrequentierten Waffenknall bei der Schussabgabe. Er entsteht an der Mündung des Gewehrs und breitet sich in konzentrischen Halbkugeln mit erhöhter Abstrahlung nach vorne aus. Der Mündungsknall entsteht im Gegensatz zum Geschossknall einmalig. Beim Geschossknall handelt es sich um den Überschallknall, welcher aus der starken Beschleunigung der Kugel resultiert. Der Geschossknall zeichnet sich durch einen hohen, peitschenartigen Knall aus. Da die Lärmquelle auf der Flugbahn des Geschosses liegt und der Knall auf der ganzen Flugbahn des Projektils erzeugt wird, breitet sich der Geschosslärm in einem Halbkegel, beidseitig der Flugbahn schräg nach vorne aus. Durch die unterschiedlichen Charakteristiken beeinflussen die beiden Knallarten das umliegende Gebiet in unterschiedlicher Weise.
Das folgende Video zeigt die beiden Knallarten auf:
Die Aufnahme wurde in einem 90 Gradwinkel in 25 Meter Abstand zur Schussbahn aufgenommen. Daher ist der Geschossknall vor dem Mündungsknall zu hören.
Mündungsknall
Unabhängig von der Munitionsart wird bei der Schussabgabe ein Mündungsknall generiert.
Screenshot Youtube, hier ist das ganze Video zu finden |
Das Gesetz sieht in Anhang 7 Ziff. 1 Abs. 2 LSV für zivile Anlagen eine Unterteilung in sechs Waffenkategorien vor. Die untenstehende Abbildung zeigt die Klassenmittelwerte des Mündungsknalls jeder Waffenkategorie auf.
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Sturmgewehre und Handfeuerwaffen vergleichbaren Kalibers
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Faustfeuerwaffen mit Zentralfeuerpatronen
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Faustfeuerwaffen mit Randfeuerpatronen
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Handfeuerwaffen mit Randfeuerpatronen
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Jagdgewehre mit Kugelpatronen
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Schrotflinten
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Sturmgewehr (Bild): Der Klassenmittelwert wird aus dem Stgw90 und dem Stgw57 gebildet.
Faustfeuerwaffen mit Zentralfeuerpatronen (Bild): Der Klassenmittelwert wird aus den 3 häufigsten Pistolenarten, namentlich den Ordonnanzpistolen gebildet.
Faustfeuerwaffen mit Randfeuerpatronen (Bild): Der Klassenmittelwert wird aus der Hämmerli 208, der Walter GSP und der Ruger Mark II Target gebildet.
Handfeuerwaffen mit Randfeuerpatronen (Bild): Der Klassenmittelwert aus den drei häufigsten Kleinkaliber-Gewehren gebildet.
Jagdgewehre mit Kugelpatronen (Bild): Bei den Jagdgewehren zeigt sich aufgrund der grossen Bandbreite an Kalibern und Projektilgeschwindigkeiten eine grosse Streuung in der erzeugten Lautstärke. Der Klassenmittelwert wird aus acht unterschiedlichen Jagdgewehren gebildet
Schrotflinten (Bild): Die Schrottflinten lassen sich in drei Kategorien einteilen, welche sich teils stark unterscheiden in der Lautstärke des erzeugten Mündungsknalls. Der Klassenmittelwert setzt sich aus den Waffen in diesen drei Kategorien (Pump-Action, jagdliche Schrottflinte und Sportschiessen).
Die genaue Berechnung des Emissionswert der jeweiligen Waffenklasse beim Mündungsknall in einem bestimmten Winkel (normiert auf 1m) ist mit folgender Formel möglich:
Lmax(Φ) = A + B·cos(Φ) + C·cos(2Φ)
Waffenklasse: | A (in dB) | B (in dB) | C (in dB) |
Sturmgewehr | 137.4 | 6 | -0.5 |
Faustfeuerwaffen mit Zentralfeuerpatr. | 131.7 | 7.1 | 1 |
Faustfeuerwaffen mit Randfeuerpatr. | 122.4 | 6.4 | 0.5 |
Handfeuerwaffen mit Randfeuerpatr. | 104.7 | 11.1 | 4.1 |
Jagdgewehr | 136.5 | 5.7 | 0.2 |
Schrotflinte | 131.3 | 7.4 | 4.6 |
Geschossknall
Die (Kugel-) Munition, welche bei Sturmgewehren und Jagdwaffen verwendet wird, erzeugt aufgrund der hohen Anfangsgeschwindigkeit einen Geschossknall (Überschallknall). Dieser weist folgende Charakteristiken auf:
Waffe: | Emissionswert: |
Stgw57 | 122 dB |
Stgw90 | 119 dB |
Pistole 75 | Keinen Geschossknall |
Nur das Stgw57 und das Stgw90 weisen einen Geschossknall auf. Andere Waffen nicht, weil ihre Kugeln im Normallfall die Geschwindigkeit von 340 m/s nicht überschreiten. In den untenstehenden Abbildungen ist die zuvor beschriebene räumliche Ausbreitung des Geschossknalls dargestellt. In der rechten Abbildung ist im Fordergrund der Schiessstand, sowie im Hintergrund die Schiesstafel zu sehen. Die beidseitige Abstrahlung nach vorne ist durch die Linien visualisiert.
Zusammenspiel der beiden Arten
Die effektive Lärmbelastung durch das Schiessen setzt sich folglich aus dem entstehenden Lärm durch den Mündungs- und den Geschossknall zusammen. In der folgenden Abbildung ist die räumliche Verteilung dargestellt. Die katzenkopfförmigen Linien ergeben sich aus den Überlagerungen von Mündungs- und Geschossknall
Die Lärmschutzverordnung als gesetzliche Grundlage
Die gesetzliche Grundlage für die objektive Beurteilung bildet die Lärmschutzverordnung (LSV), welche auf Basis des Umweltschutzgesetztes (USG) erlassen worden ist. Sowohl die LSV als auch das USG können rechtlich gesehen keine bestehenden Anlagen schliessen, jedoch ist es faktisch durch die Erteilung von Auflagen und Einschränkungen möglich. Für die Berechnung des massgebenden Schiesslärm-Beurteilungspegels wird zwischen militärischen und zivilen Anlagen unterschieden. Für zivile Anlagen ist Anhang 7 LSV massgebend und für militärische Anlagen Anhang 9 LSV.
Im Falle einer militärischen Nutzung einer zivilen Anlage wird ebenfalls Anhang 7 LSV angewendet.
Bei einer zivilen Nutzung einer militärischen Anlage kommt zusätzlich zu Anhang 9 LSV auch Anhang 7 LSV zum Zug. Zudem kann bei einer militärischen Anlage, welche von der Nutzung (Anlage, Waffe) mit einer zivilen Anlage vergleichbar ist, ebenfalls Anhang 7 LSV angewendet werden.
Berechnung der Lärmbelastung für zivile Anlagen nach Anhang 7 LSV
Für die Berechnung der Lärmbelastung muss zwischen dem Emissionswert der Waffe und dem Immissionswert (der Lärmbelastung an einem bestimmten Punkt) unterschieden werden. Die Basis für die Berechnung des Immissionswert an einem bestimmten Punkt (nennen wir ihn Punkt B), bilden die Emissionswerte. Für die Berechnung des Mündungsknalls kann das zuvor vorgestellte Modell verwendet werden. Die Berechnung des Geschossknalls erfolgt nach ISO 17201-4 (Kaliber, Projektillänge, Geschwindigkeit, Form). Mit diesen Informationen zu den Emissionswerten einer Waffe und der Distanz zu Punkt B unter Berücksichtigung von spezifischen Eigenschaften des Schiessplatzes (beispielsweise Schallschutzwänden) kann der gesetzlich relevante Immissionswert berechnet werden. Für diese komplexen Berechnungen kann sonARMS verwendet werden, welches beim Bundesamt für Umwelt zur freien Verwendung bezogen werden kann (siehe Linkliste).
Das Gesetz sieht zudem in Anhang 7 LSV eine Pegelkorrektur vor. Die Höhe der Pegelkorrektur hängt von der Anzahl der jährlichen Schiesshalbtage ab und wird vom berechneten Immissionswert abgezogen. Der aus dieser Berechnung resultierende Beurteilungspegel ist massgebend für die gesetzliche Beurteilung und wird mit den Belastungsgrenzwerten nach Anhang 7 Ziffer 2 LSV verglichen.
Die geltenden Belastungsgrenzwerte für zivile Anlagen sind gemäss Anhang 7 Ziffer 2 LSV folgende:
Empfindlichkeitsstufe (Art. 43) | Planungswert | Immissionsgrenzwert | Alarmwert |
Lr in dB(A) | Lr in dB(A) | Lr in dB(A) | |
I | 50 | 55 | 65 |
II | 55 | 60 | 75 |
III | 60 | 65 | 75 |
IV | 65 | 70 | 80 |
Berechnung vs. Messung
Neben der Berechnung mittels sonARMS besteht die Möglichkeit vor Ort eine Messung vorzunehmen. In der untenstehenden Tabelle sind die Vorteile der jeweiligen Methode aufgelistet:
Berechnung | Messung |
Einfach, ohne grossen personellen Aufwand |
Die tatsächliche Dämpfung von Hindernissen kann berücksichtigt werden |
Keine teuren Messgeräte benötigt | Effektive Wirkung von Lägerblenden oder Schallschutztunnel kann ermittelt werden |
Meist zuverlässige Resultate | Die tatsächliche Hinderniswirkung des Schützenhauses wird mit einbezogen |
Keine Störeinflüsse und Fremdgeräusche | |
Weitere Faktoren, wie beispielsweise die Geometrie des Schützenhauses oder die jahresdurchschnittlichen Meteoverhältnisse können berücksichtigt werden |
Grundsätzlich gilt, dass die Berechnungen mit sonARMS zwar sehr genau sind, aber dennoch immer durch eine Begehung vor Ort ergänzt und verifiziert werden müssen.
Sanierungen als vielversprechende Perspektiven
Die Sanierungsfrist gemäss Art. 17 Abs. 3 LSV ist abgelaufen. Im Kanton Zürich sind sämtliche 300 m Anlagen saniert worden. Schiessplätze, welche aufgrund der Gesetzesänderung im Jahr 2006 sanierungspflichtig wurden (hauptsächlich 25 m und 50 m Anlagen), sind bis am 1. November 2016 zu renovieren (Art. 17 Abs. 6 lit. c LSV). Noch nicht sanierte 25 m und 50 m Anlagen befinden sich entweder im Sanierungsverfahren oder eine Stilllegung wird notwendig. Zudem werden laufend aufgrund von neuen, genaueren Berechnungsmethoden bei bis anhin nicht sanierungspflichtigen Anlagen Mängel festgestellt. Für militärische Anlagen läuft die Sanierungsfrist am 31. Juli 2025 ab (Art. 17 Abs. 6 lit. d LSV).
Falls eine Sanierung anfällt stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Betriebliche Massnahmen
- Verkürzen der Schiesszeiten
- Reduktion der Schiessanlässe sonntags (zählen lärmtechnisch dreifach)
- Reduktion der Schiessanlässe werktags
- Zusammenlegung verschiedener Schiessanlässe und Erhöhung der Auslastung
- Bauliche Massnahmen
- Einbau von Lägerblenden
- Installation von Tief- und Hochblenden
- Installation von Schallschutztunnels
- Bauliche Massnahmen entlang der Schusslinie (Lärmschutzwand oder -Wall)
- Korrektur der Schusslinie
- Schalltechnische Sanierung der Schützenhäuser